Rohmilch war nicht nur bei traditionell lebenden Völkern, sondern auch bei uns über viele Generationen hinweg ein Grundnahrungsmittel. Erst mit der Einführung der Pasteurisierung und strengen gesetzlichen Regelungen wurde ihr Konsum stark eingeschränkt. Dabei bietet Rohmilch viele gesundheitliche Vorteile, die pasteurisierte Milch nicht liefern kann.
Laut EU-Lebensmittelrecht ist Rohmilch die unbehandelte Milch von Nutztieren, die weder erhitzt noch anderweitig verarbeitet wurde. In Deutschland darf sie unter strengen hygienischen Auflagen als „Vorzugsmilch“ im Handel verkauft werden, wobei sie offiziell nur wenige Tage haltbar ist. Alternativ bieten viele Landwirte Rohmilch direkt ab Hof oder über Milchtankstellen an. Dort muss sie ordnungsgemäß gekühlt aufbewahrt und mit dem Hinweis versehen werden, dass sie vor dem Verzehr abgekocht werden sollte.
Die Regelungen zum Verkauf von Rohmilch variieren stark: Während der Konsum in Österreich selbst in Gaststätten erlaubt ist, ist er in Norwegen komplett verboten. Doch trotz solcher Einschränkungen wird Rohmilch weltweit geschätzt – und das aus gutem Grund.

Nährstoffe in Rohmilch
Besonders Menschen mit Verdauungsproblemen oder Milchunverträglichkeiten berichten von einer verbesserten Verträglichkeit bei Rohmilch, da ihre natürliche Zusammensetzung den Körper unterstützt. Rohmilch bietet eine beeindruckende Vielfalt an Nährstoffen. Viele von ihnen sind hitzeempfindlich, weshalb sie während einer Erhitzung oder Pasteurisierung verloren gehen.
- Rohmilch ist reich an Vitamin A, D, E, K, Kalzium, Magnesium und Kalium, die eine zentrale Rolle für Knochengesundheit und Immunabwehr spielen.
- Natürliche Enzyme wie Laktase unterstützen die Verdauung von Milchzucker und fehlen in pasteurisierter Milch vollständig.
- Lebende Mikroorganismen in Rohmilch fördern die Darmgesundheit und stärken das Immunsystem.
- Stoffe wie Lactoperoxidase und Lactoferrin wirken antimikrobiell und neutralisieren schädliche Bakterien.
Mythen und Fakten über Rohmilch
„Rohmilch ist gefährlich.“
Fakt: Die meisten lebensmittelbedingten Erkrankungen stammen von anderen Lebensmitteln, wie Salat oder industriellen Produkten.
„Bakterien in Rohmilch können krank machen.“
Fakt: Die meisten Bakterien in Rohmilch sind gutartig und fördern die Gesundheit. Ein starkes Immunsystem kann potenzielle Keime problemlos abwehren.
„Rohmilch muss abgekocht werden“
Fakt: Pasteurisierung eliminiert nicht nur schädliche Keime, sondern auch wertvolle Enzyme, Vitamine und nützliche Mikroorganismen.
Tatsächlich gibt es kaum dokumentierte Krankheitsfälle durch Rohmilch. Im Vergleich dazu sind Produkte wie Salat oder industriell verarbeitete Lebensmittel weitaus häufiger Auslöser für lebensmittelbedingte Erkrankungen. Bemerkenswert ist auch, dass es in den letzten 50 Jahren keine dokumentierten Todesfälle durch flüssige Rohmilch gab, wohl aber durch pasteurisierte Varianten. Die Annahme, Rohmilch sei gefährlich, wird oft durch übertriebene Presseartikel verstärkt. Laut Studien sind die Erkrankungsraten durch Rohmilch trotz wachsender Nachfrage in den letzten Jahren gesunken. Eine Untersuchung aus den USA zeigt, dass zwischen 2005 und 2016 die Ausbrüche im Zusammenhang mit Rohmilch um 74 % zurückgegangen sind.
Natürlicher Schutz durch Rohmilch
Rohmilch enthält vielerlei Schutzmechanismen, die schädliche Keime neutralisieren:
- Lactoperoxidase und Lysozym eliminieren schädliche Bakterien.
- Lymphozyten, Antikörper und Wachstumsfaktoren fördern die körpereigene Abwehr.
- Probiotika verbessern das Darmmilieu und verhindern, dass pathogene Keime die Darmwand besiedeln.
- Darüber hinaus enthält Rohmilch bioaktive Substanzen wie Lactoferrin, das Krankheitserreger und Viren bekämpft, sowie Enzyme und Fettsäuren, die krankheitserregende Keime reduzieren. Kein anderes Lebensmittel verfügt über ein solches eingebautes Sicherheitssystem.
Fermentierte Rohmilchprodukte
Ein sicherer und besonders darmfreundlicher Weg, Rohmilch zu genießen, ist die Fermentation. Produkte wie Joghurt, Dickmilch oder Kefir bewahren nicht nur alle Vorteile von Rohmilch, sondern sind durch den Fermentationsprozess auch sehr sicher. Der niedrige pH-Wert verhindert die Vermehrung pathogener Keime, weshalb fermentierte Rohmilch nicht mehr als ROH gilt. Gleichzeitig vermehren sich bei der Fermentation wertvolle Enzyme und Milchsäurebakterien, weswegen sie sich, regelmäßig konsumiert, für den Aufbau der Darmflora eignen. Fermentierte Milchprodukte sind nahezu laktose- und kaseinfrei – sofern mindestens 24 Stunden lang mithilfe von einem Starter fermentiert wurde – und deswegen auch für Allergiker, Menschen mit Unverträglichkeiten sowie Kinder und ältere Menschen gut geeignet. Fermentierte Rohmilchprodukte gibt es nicht im Handel, aber du kannst sie ganz einfach zuhause selber machen – wie, das zeigen wir dir in unserem Buch “Die neue traditionelle Ernährung”.
Tipps für einen sicheren Rohmilchkonsum
- Beziehe Rohmilch von regionalen, hygienischen Höfen mit artgerechter Tierhaltung.
- Verwende zum Abfüllen saubere, heiß ausgespülte Flaschen ohne Spülmittel-Rückstände.
- Probiere fermentierte Produkte wie Kefir oder Joghurt.
Rohmilch ist kein Getränk und sollte nicht Bestandteil unserer Kaffeekultur sein – Rohmilch ist eine vollwertige Mahlzeit, ein unvergleichliches Lebensmittel, das reich an Vitalstoffen, Enzymen und lebenden Mikroorganismen ist. Sie bietet nicht nur Vorteile für die Darmgesundheit und das Immunsystem, sondern wird auch besser vertragen als pasteurisierte Milch. Bei hygienischer Abfüllung ist der Konsum unbedenklich und ein wertvoller Beitrag zu einer gesunden Ernährung. Ob pur, fermentiert oder in der Küche verwendet – Rohmilch ist ein Geschenk der Natur, das uns zeigt, wie nährstoffreich ursprüngliche Lebensmittel sein können.
